BMW-Automobile aus Leipzig? Welche Traditionen hat Leipzig im Automobilbau aufzuweisen? Wie hat Leipzig es geschafft, sich als Automobilproduktionsstandort zu etablieren? Nicht nur für BMW, auch für Porsche? Fragen, die am besten beantwortet werden, wenn man sich vor Ort begibt, sich selber ein Bild macht, sich von kompetenten Leuten entsprechende Informationen einholt.
Der MHWK hat sich für die traditionelle, jährliche Unternehmerreise das BMW Werk in Leipzig ausgesucht. Das derzeit modernste Automobilwerk der Welt, nicht zu weit von Berlin entfernt und damit gut mit einem Reisebus erreichbar.
Am 25. Juni 2013 starteten wir in aller Frühe, um unsere Fragen beantwortet zu bekommen.
BMW in Leipzig, wie kam es zu dieser Entscheidung? Leipzig hat eigentlich keine automobile Tradition. In der DDR waren Zwickau für den Trabant, Eisenach für den Wartburg, Hainichen für den Barkas B 1000, Ludwigsfelde für den W 50 und Zittau für den Robur die Produktionsstandorte für PKW und LKW. Motorräder kamen aus Zschopau und Mopeds aus Suhl. Leipzig war u.a bekannt durch die Firmen Kirow Werke, Drehmaschinenbau, ORSTA Hydraulik. Und die Leipziger Messe. Nach der Wende hat sich die automobile Produktion im östlichen Teil Deutschlands total verändert. Trabant und Wartburg sind verschwunden. Dafür produziert VW in Mosel bei Zwickau, OPEL in Eisenach und Mercedes Benz in Ludwigsfelde. Fertigungen für Komponenten und Zulieferungen gibt es noch an anderen Standorten.
In den neunziger Jahren galt BMW mit ca. 600.000 produzierten und verkauften Einheiten als Übernahmekandidat, die Fachwelt meinte, 1 Mio. Autos seien das Maß, um im Weltmarkt zu bestehen. 1994 übernahm BMW die britische Fa. Rover. Damit wollte man die BMW Group vergrößern und stärken. Diese Übernahme erwies sich als nicht glücklich. Die Konsequenz war der Verkauf von Rover. Behalten hat man die Marke MINI. Da sich der Zukauf einer Fremdmarke nicht bewährte, unternahm man mit der Marke BMW eine Produkt- und Markenoffensive. Dafür wurde natürlich ein neuer Produktionsstandort in Europa gebraucht. Ab Mitte 2000 begann die Suche. Am 18. Juli 2001 erhielt Leipzig den Zuschlag. Neben Leipzig hatten sich noch Augsburg, Schwerin, Arras (Frankreich) und Kolin (Tschechien) beworben. Für Leipzig zählte u.a. die Nähe zu den vorhandenen deutschen BMW Werken (München, Dingolfing, Regensburg), verfügbares qualifiziertes und motiviertes Personal, gute Infrastruktur, vorhandene Zulieferstrukturen, eine effiziente Verwaltung (der Stadt Leipzig und des Landes Sachsen) und entsprechende Förderungen im Rahmen Aufbau Ost. Schon im August 2001 begann die Bauphase, am 01. März 2005 rollte das erste Kundenfahrzeug vom Band. Die Gesamtinvestition betrug 1,2 Mio. €.
Im Werk angekommen erwartete uns der freundliche Besucherdienst, teilte uns in zwei Gruppen ein, stattete uns mit Empfangstechnik, Schutzbrillen und Kitteln aus und schon begann der etwa 5 km lange Fußmarsch. Das architektonisch spannende Zentralgebäude, die Bereiche Karosseriebau, Lackierung und Montage lagen auf unserer Wegstrecke. Es war faszinierend zu erleben, wie unter heutigen Bedingungen ein Auto entsteht. Und am Ende rollt ein Auto vom Band, das Freude am Fahren verspricht. Forschung und Entwicklung sowie Qualität und Perfektion in der Fertigung sichern ein BMW Premiumprodukt. Aufgefallen sind die Freundlichkeit und Aufgeschlossenheit der Mitarbeiter, der Stolz, bei einem Unternehmen wie BMW tätig zu sein.
Ein solides Werkskantinenessen rundete den Besuch im BMW Werk ab.
Am Hauptbahnhof nahmen wir eine Stadtführerin an Bord und bei strömenden Regen lernten wir Leipzig aus einem anderen Betrachtungswinkel kennen. Wir fuhren durch Stadtteile, die vorher von den Mitfahrenden wahrscheinlich keiner gesehen hat. Und ganz erstaunlich, was alles in Leipzig rekonstruiert, erneuert oder ganz neu gebaut wurde. Die alte Baumwollspinnerei, heute moderne Lofts in ihrem Gebäudekörper. Alte, verschüttete Wasserläufe und Kanäle wurden wieder an die Oberfläche geholt. Leipzig, viel in Bewegung, Leipzig, ganz anders, als viele es in Erinnerung haben.
In „Auerbachs Keller“, wo sonst, endete eine Exkursion, die uns im technischen Bereich bei BMW wirkliche Spitzenleistungen erleben ließ und uns bei der Stadtrundfahrt in Staunen versetzte, darüber, was sich in Leipzig alles zum Guten verändert hat.
Wir danken der BMW Niederlassung Berlin für die gewährte Unterstützung und dem Unternehmen Dr. Herrmann Reisen für die Bereitstellung eines komfortablen Busses und für den Einsatz von zwei netten und zuverlässigen Busfahrern.